Jakob Joh. Siebert (1905 -1976)


Meine Großeltern Siebert

Sibert Jakob und Loise

Meine Großeltern Jakob Siebert (30.01.1905 -20.05.1976), #1254548 und Loise geb. Joh. Fröse (19.01.1908 -29.09.1972), #1254337 heirateten am 29.12.1927 in der Orloffer Kirche. Sie bekamen neun Kinder:
-Helene (1928-08.02.1944 im Gebiet Tomsk, UdSSR), 
-Luisa (03.01.1930 –  23.08.2022 Minden, NRW, Deutschland ), meine Mutter
-Johannes (22.10.1931-04.03.1933 Ostenfeld, Am Trakt), 
-Anna (09.12.1932-18.05.1943im Gebiet Tomsk, UdSSR),
-Jakob (12.10.1934), 
-Maria (31.07.1936-19.05.1943 im Gebiet Tomsk, UdSSR), 
-Johannes (07.05.1938-08.12.2013 Minden, NRW, Deutschland ), 
-Benno (11.05.1940-23.10.1941 im Gebiet Tomsk, UdSSR),
-Katharina (22.03.1942-28.08.1943 im Gebiet Tomsk, UdSSR).

Helene, erstes Hanschen, Luisa
Foto ca. 1932
Foto ca. 1941. Hinten: Luisa, Helene
Vorne: Anna, Johannes, Maria, Benno, Jakob

Alle Kinder in Ostenfeld, Am Trakt geboren.
Die älteste Tochter Helene wurde nach mehreren Kinderkrankheiten körperlich behindert. Ihre rechte Seite war gelähmt und sie litt an epileptischen Anfällen (Krämpfen). Die Schule konnte sie nicht besuchen. 
In Ostenfeld wohnte die Familie in einem Lehmhaus, das weit von der Schule entfernt lag. Das Haus war ganz klein und bestand aus zwei Stuben – Großstube und Schlafstube. Einen festen Fußboden gab es nicht. Ab und zu wurde der Fußboden mit dünnem Kuhmist bestrichen, dann waren die Stuben wieder sauber.
Eines Tages kam Jakobs jüngere Bruder Hermann (Foto) zu besuch. Er hantierte mit Jakobs Flinte und unerwartet kam ein Knall. Meine Mutter war damals 3-4 Jahre alt und sass in einer Schaukel. Sie konnte sich wahrscheinlich an das Ereignis nicht erinnern, aber in der Decke gab es ein Loch von der Kugel und es erinnerte immer an Onkel Hermanns Schuss.

In den 30er Jahren wurden Gottesdienste in der Ansiedlung, sowie in ganz Russland verboten. Doch die Gemeinde traf sich gelegentlich heimlich in einigen privaten Häusern. Nach so einem, bei Familie Heinrich Fröse statt gefundenem Gottesdienst, wurden die Behörden aktiv und hatten Jakob Siebert mit seiner Frau Loise zum Verhör vorgeladen. Sie wurden mehrfach, von einander getrennt, über die Versammlung ausgefragt. Doch sie konnten beide mit gutem Gewissen erklären, dass sie an dem Gottesdienst nicht teilgenommen hatten. Am nächsten Tag wurden sie dann doch nach Hause geschickt. Für viele hatte so ein „Vergehen“ die Freiheit oder sogar das Leben kosten können. So wurde Heinrich Fröse mit seinem Sohn Julius verhaftet.
Im Zuge der Kollektivierung in den 30er wurde die Familie von Jakob Siebert wie auch viele andere Bauern in Russland enteignet, doch da sie nicht besonders wohlhabend war, wurde sie nicht verbannt.
In der Kolchose arbeitete Jakob als Traktorist. Eine Zeit lang als Brigadier von Traktoristen. In dieser Stellung hatte er viel zu tun, da die Traktoristen überwiegend Frauen waren. Nicht wegen ihrer Technikbegeisterung, sondern einfach weil es nach vielen Verhaftungen und Repressionen im Dorf kaum Männer gab. Zum überleben jedoch musste man die Felder bearbeiten, Getreide sähen und ernten. Solange die Technik lief, konnten die Frauen mit ihr gut umgehen, doch sobald eine Panne geschah, musste Jakob bei den Reparaturen helfen.

Mit 5 oder 6 Jahren bekam meine Mutter Luisa einen Ausschlag aus kleinen Bläschen auf der rechten Seite. Sie wurde von ihrem Onkel Johannes Fast zu einem Arzt nach Köppental gebracht. Hans Fast holte die Post von Köppental nach Ostenfeld und nahm sie mit. Der Arzt verordnete Bierhefe zum einreiben und nach einiger Zeit war der Ausschlag verschwunden. Auf dem Rückweg aus Köppental besuchten sie in Lysanderhöh den Bruder von Hans Fast Herman. Seine Frau Tante Miluscha hatte sehr leckere Kreppel gebacken und ihren Gästen zu Mittag angeboten. Diese Fahrt nach Köppental kam meiner Mutter wie eine Weltreise vor, denn bis da hin kam sie aus Ostenfeld nicht raus.

Als meine Mutter Luisa das Schulalter erreichte, hat ihr Vater Jakob für sie rote Stiefel gekauft. Diese Stiefel haben Luisa überhaupt nicht gefallen, sie waren ihr zu auffällig. Sie hatte alte Schuhe von ihrer Mutter vom Dachboden geholt und sie zur Schule angezogen. Sie kletterte auch sonst gerne auf das mit Brettern gedeckte Dach um von oben die Umgebung zu betrachten. Doch am liebsten stöberte sie auf dem Dachboden herum. Dort befanden sich noch viele „Schätze“ aus vergangenen Tagen: alte Regenschirme, Damenhüte, mit denen Luisa gerne gespielt hat. Vermutlich stammten viele Sachen von den verbannten Verwandten Fröse. Auch Alben mit vielen alten Fotos waren dabei. Die meisten Fotos wurden später vernichtet, weil es gefährlich war mit Verbannten verwandt zu sein. Für die achtjährige Luisa war es ein weiter Weg vom Lehmhaus bis zur Schule. Manchmal, wenn es von der Zeit passte, hat sie ihr Vater Jakob mit seinem Fahrrad zur Schule gebracht. Manchmal sogar mit einem Zweiradpferdegespann, das Jakob als Brigadier von der Kolchose bekommen hatte. Da konnten sogar noch ein Paar Freunde mitfahren.

Zur Luisas aufgaben im Haushalt gehörten vor allem das Aufpassen auf die ältere Schwester Helene. Abends musste sie für die Kühe Wasser aus dem im Hof befindlichem tiefen Brunnen holen. Es gab noch einen anderen, weniger tiefen Brunnen vor dem Haus. In dem war das Wasser aber nicht so gut. Eine andere Aufgabe für die Kinder war das sammeln von Mistholz – getrocknete Kuhfladen für den Winter. Es war schwierig Kohle oder Brennholz in der Ansiedlung zu bekommen. 

In den Sommermonaten wurden die Fensterläden am Haus tagsüber zugemacht, damit keine Fliegen reinkommen konnten. Die Säuglinge lagen dann den ganzen Tag drinnen und meine Mutter hatte Angst in die Dunkelheit reinzugehen um die Babys zu wickeln. Nach einem Jahr wurden die Kleinkinder, falls sie bis dahin noch nicht laufen Konnten,  im Salzwasser gebadet, damit sie „steif“ werden. 

Doch es gab nicht nur Pflichten für die Kinder, es gab auch Spass in ihrem Leben.
Hinter den Feldern von Julius Wiens und von altem Jakob Neufeld entstand im Frühling eine Leg (Lech) vermutlich auf Plattdeutsch die Bezeichnung für eine mit Tauwasser gefüllte Senke, die wie ein Kleiner See aussah. Meine Mutter zusammen mit anderen Kindern (u.a. Kathi Heinrich Klassen) hatten in einem Trog wie mit einem Kanu auf dem See gepaddelt.
Im Frühling wollten die Kinder, sobald es etwas wärmer wurde auf der Strasse barfuss laufen. Doch ihre Mutter erlaubte es ihnen nicht, – erst wenn die Schwalben kommen dürft ihr barfuss laufen. Im Sommer war es für die Kinder sehr angenehm, wenn die Füsse bis zur Knöchel im warmen Staub auf der Strasse versanken. Genauso fiel Spass machte es durch die Pfützen nach einem warmen Sommerregen zu laufen. Sobald es im Sommer erstes Stroh gab wussten die Kinder, dass es jetzt Pflinzen (Pfannkuchen) gibt. Dazu wurde der Sommerofen mit Stroh geheizt.
Weil das Lehmhaus so weit von der Schule war, beschloss Jakob näher zur Schule umzusiedeln. So war die Familie im Sommer 1938 für ein Jahr bei Anna Fast (geb. Fröse, Schwester meiner Oma Loise) eingezogen. Der Ehemann von Anna Johannes Fast wurde 1937 „genommen“. Meine Mutter erinnerte sich, das sie mit ihrer Cousine Anna Fast ihre jüngeren Brüder gewickelt hatten (Johannes Siebert und Jakob Fast). Dabei hatten sie jeweils einen Hocker als Wickeltisch benutzt.  

Vor dem Haus von Hans Fast. Ca. 1938.
Hinten von li.: Helene Fast, Luisa Siebert, Anna Fast, Hans Fast
Vorne von li.: Hermann Fast, Sieberts Helene, Maria, Jakob, Anna.

In der gleichen Zeit hatte der Bruder von meinem Opa Kornelius Siebert mit dem Bau seines eigenen Hauses begonnen. Er baute ein Lehmhaus im Garten von seinem Vater. Es wurde für den Bau Brauchbares aus Jakob‘s Lehmhaus verwertet.

Als Kornelius mit seiner Familie in das neue Lehmhaus eingezogen war, zog die Familie von Jakob Siebert und Schwägerin Erna mit Kindern in das Großmamas Haus ein.
1939 kam Mutter Helene aus Orloff zurück und zog bei ihrem Sohn Kornelius ein. Dort war sie im November auch gestorben.

Im Herbst 1940 brannte das Haus von Peter Fröse ab. Sie hatten Gerste für den Prips-Kaffee geröstet und das noch heiße Getreide in eine Holzschublade geschüttet. In der Nacht entzündete sich das Holz und setzte das ganze Haus in Flammen. „Großmamas Haus“ lag direkt gegenüber und der Wind drohte die Flammen vom brennenden Haus hinüber zu bringen. Die ganze Nacht wurde Sieberts Haus mit Wasser begossen um es vor Feuer zu schützen. Frösens Haus war nicht mehr zu retten. 

Im September 1941 musste auch die Familie Siebert, wie alle andere Deutschen, ihr Haus für immer verlassen. Sie hatten nur das Nötigste von Kleidung und Nahrung mitgenommen. Der junge Soldat, der sie aus dem Haus holte, musste staunen über die vielen schönen Sachen, die im Haus zurückblieben. „Das alles lässt ihr hier ?“ – wollte er wissen und zeigte auf die Möbel, die Bilder an den Wänden, die Kinderbilderbücher. Aber man konnte nur so viel mitnehmen, wie man tragen konnte.  Dann hatte er alle zum Wagen geführt und die Tür von außen zugenagelt.

In so einer Karte wurden alle Mitglieder der Familie eingetragen, die zu Deportation bestimmt waren.
Es steht auch, dass die Familie Jakob Siebert am 11.09.1941 mit dem Zug 759 von der Station Besymjanaja nach Nowosibirsk transportiert werden soll.

Es war schon der dritte Tag der Deportation, als die Sieberts ihre Sachen auf einen Leiterwagen packten und in Richtung der Station Besymjanaja abtransportiert wurden. Zuvor hatte Vater Jakob ein Paar Ziegelsteine vom Backofen rausgenommen (der Ofen wurde von aussen beheizt, damit es im Sommer im Haus nicht zu heiß wurde), damit der Hund „Flock“ allein in das Haus rein  konnte wenn alle weg waren. Der Hund hatte noch eine Weile den Leiterwagen der Familie begleitet. Irgendwann musste er begriffen haben, dass die Leute ihn nicht mitnehmen werden. Er war für eine Weile stehen geblieben bevor er zurück zum Dorf lief.

Unterwegs war am Leiterwagen ein Rad gebrochen und musste in einem russischen Dorf repariert werden. An der Bahnstation angekommen, mussten sie am Bahnsteig  übernachten. Jakob hatte  das Gepäck im Kreis aufgestellt und in der Mitte hat die Familie geschlafen. Am nächsten Tag wurden alle in Viehwaggons gesteckt und es begann die „Reise“ nach Sibirien. In knapp einem Monat, im Oktober waren sie an der Station Malinowka in der Nähe von Tomsk angekommen.

Zu dieser Zeit war es in Sibirien schon sehr kalt, es hat geschneit und geregnet. Von der Bahnstation wurden die Neuankömmlinge mit Pferdewagen zu ihren Bestimmungsorten weitertransportiert. Familie Siebert musste zwei mal übernachten – einmal in Semilushki , dann in Orlowka. Am dritten Tag sind sie im Dorf Signal angekommen. Das war en relativ neues kleines wohlhabendes Dorf. Es gehörte zur Gemeinde Kolbichino, wo auch der Selsowet (die Verwaltung war). Der Vorsitzende Sennikow fragte bei den Ankömmlingen wer die grösste Familie hatte. Mein Opa meldete sich und bekam ein Haus mit drei Zimmern, in dem früher der Vorsitzende selbst wohnte (Er hatte für seine Familie vor Kurzem ein neues Haus gebaut). Einige Tage später fragte Jakob beim Vorsitzenden ob seine Schwägerin Maria (Tante Mimi) Siebert mit ihren drei Kindern auch in das Haus einziehen darf. Worauf der Vorsitzende Meinte, – wenn es dir Recht ist, kann sie auch bei euch wohnen.

Der jüngste Sohn von Jakob und Loise – Benno erkrankte noch auf dem Weg nach Sibirien und starb schon kurz nach der Ankunft.

Schwägerin Erna Siebert kam mit ihren Kindern in das gleiche Dorf. Sie wurden im Gebäude der Kinderkrippe einquartiert. Zusammen mit Käthe Siebert und ihren Kindern. Witwe von Jakobs Onkel Kornelius Siebert.

Jakobs jüngster Bruder Kornelius wurde mit seiner Familie in das 15 Kilometer entfernte Dorf Gogolewka einquartiert. 1942 wurde er zur Zwangsarbeit nach Komi ASSR verbannt, wo er im Wald Holz fällen musste.

Von den Einheimischen wurden die Deutschen gut aufgenommen. Jakob Siebert bekam von der Kolchose Getreide, als Ersatz für das, was er in Ostenfeld abgeliefert hatte. Er hatte auch eine Quittung für die abgelieferte Kuh, doch   die hatte er nicht eingelöst. Seine Frau Loise hatte sie später, als sie allein mit den Kindern geblieben war, für Essbares eingetauscht. Im Herbst 1941 hatte Jakob einen Ochsen gekauft und geschlachtet. So war die Familie im ersten Winter mit Nahrung versorgt. Das Haus wurde mit einem Blechofen beheizt. Holz konnte man sich aus dem Wald holen, soviel man brauchte.

Die Quittung Familie Siebert für das Abgelieferte Vieh und Getreide

Im Winter hat Jakob seine Kinder in der Dorfschule angemeldet. Die Kinder wurden von den Einheimischen auch freundlich aufgenommen, doch konnten sie einander nicht verstehen, da die Neuen die russische Sprache nicht kannten. So hatte es mit dem Lernen auch schnell aufgehört.

Im Januar 1942 wurde Jakob Siebert zur Zwangsarbeit in die Trudarmee einberufen. Zuerst kam er mit anderen Deutschen nach Abakan im Gebiet von Krasnojarsk. Wo die Trudarmisten eine Eisenbahn bauen mussten. Im November wurden die Männer nach Tula transportiert, dabei  hatte ihr Zug in der Nähe von Tomsk einen Halt gemacht. Doch das erführen die Frauen erst später aus den Briefen. 

In Tula (Schtschökino) kam mein Opa Jakob Siebert (wie auch fiele andere Männer vom Trakt) in einer Braunkohlenzeche, wo er untertage arbeiten musste. Die Arbeitsbedingungen waren sehr schlecht. Die deutschen Kriegsgefangene wurden besser behandelt, als eigene Bürger, deren einziges „Verbrechen“ ein Deutscher zu sein war. Die Baracken von Trudarmisten und Kriegsgefangenen standen nicht weit von einander und wurden nur mit Stacheldraht getrennt. Manchmal schmuggelten die Kriegsgefangene den Trudarmisten Brot zu.

Am 22.03.1942 wurde die jüngste Tochter von Jakob und Loise Siebert – Katharina geboren. Das Kind musste nach kurzer Zeit in die Dorfkrippe abgegeben werden, weil Mutter Loise in der Kolchose arbeiten musste. Es waren alte Babuschki, die sich um die Kleinkinder kümmern sollten. Die Pflege der Kinder und auch die Ernährung waren schlecht und so starb kleine Katharina am 28.08.1943. Sie wurde nur knapp 1,5 Jahre alt.

Im Sommer 1942 hat meine Oma Loise mit meiner  Mutter Luisa in der Kolchose Kühe gehütet. Im Winter musste sie Getreide dreschen und putzen. Gelegentlich hatte Loise  sich ihre Filzstiefel mit Weizen voll gestopft um zu Hause für die Kinder etwas kochen zu können. 

Im Winter waren in der Kolchose einige Pferde einer Erkrankung erlegen. Die toten Tiere wurden weit in den Wald weggeschleppt. Meine Oma zusammen mit meiner Mutter hatten nachts heimlich ein Hinterbein vom Pferd abgesägt und davon einige Tage gekocht. 

Manchmal saß Oma mit ihren Kindern am Blechofen und las ihnen aus einem Buch vor.

Ende 1942 wurden auch die deutschen Frauen in die Trudarmee einbezogen. Mädchen, die 16 Jahre alt waren und Frauen, deren Kinder älter als drei Jahre waren. So kamen drei Kinder von Schwägerin Erna, drei Kinder von Schwägerin Maria zu Loise Siebert und auch noch zwei Kinder Jakob und Herta von Jakobs Onkel Kornelius  Siebert dazu. Es waren acht Kinder aus drei Familien, deren Mütter – Maria, Erna und Käthe nach Kriwoschtschökowo in die Trudarmee mussten. Von diesen Frauen hatte nur Maria die Zwangsarbeit überlebt.

Meine Oma Loise hatte noch sieben eigene Kinder und war mit der Betreuung dieser hungrigen „Horde“ völlig überfordert. Sie konnte kein Russisch und in praktischen Angelegenheiten, außer Haushalt war sie ziemlich hilflos. Zum Glück hatte der Kolchosvorsitzende in kurzer Zeit die Kinder von Erna und Käthe ins Kinderheim nach Semilushki gebracht. Dort hatten sie die Kriegszeit überlebt. 

Der Bruder von Herta Jakob (*1931) war allein nach Tomsk gegangen um dort etwas Geld zu verdienen. Er wollte zu seine älteren Schwestern Lisa und Helene nach Sysran in der Trudarmee fahren. Mit Mühe und Not konnte er sie in Sysran finden.

Von Tante Mimis Kindern kamen Peter und Maria mit Typhus ins Krankenhaus. Peter war dort gestorben und Maria überlebte. Zunächst hatte sich keiner um das Mädchen gekümmert, denn alle dachten, dass sie sowieso nicht überleben wird. Sie war bis auf Haut und Knochen abgemagert, die Haare waren ausgefallen. Doch nach einiger Zeit verbesserte sich ihr Zustand. Dann bekam sie auch Medikamente. Und sie hatte überlebte.

1943 starben drei Kinder von Loise und Jakob Siebert – Anna, Maria und die kleine Katharina, die 1942 schon in Sibirien geboren war.

Meine Mutter erzählte, dass sie am 19.05.1943 mit ihrer Mutter Anna beerdigt hatten. Sie waren vom Friedhof nach Hause unterwegs, da kam ihnen weinende Schwester  Helene entgegen und sagte, dass Mariechen auch gestorben ist. Sie bestellten einen neun kleinen Sarg in der Kolchose und am nächsten Tag wurde auch Maria beerdigt. Alle Kinder wurden in grösseren Nachbardorf Kolbichino beerdigt. Nur Helene kam auf den neuen Friedhof im Dorf Signal. 

Aus dem Dorf konnte Familie Siebert nicht wegziehen, weil sie ein behindertes Kind Helene hatten. Sie hätte den weiten Weg bis nach Tomsk zu Fuß nicht geschafft. Ihre Krämpfe hatten in Sibirien nachgelassen oder ganz aufgehört, jedoch nicht weil sie etwa gesund wurde, sonder aus Erschöpfung und ständiger Hungersnot.

Andere Familien versuchten nach und nach in die Stadt Tomsk umzusiedeln. Dort mussten sie in Betrieben auch hart arbeiten, dafür bekamen sie wenigstens was zu Essen (Pajök). In der Kolchose jedoch bekam man für die Arbeit gar nichts, so dass die Kinder betteln mussten um nicht zu verhungern.

Nach dem Tod von Helene 1944 war die Familie Siebert nach Orlowka umgezogen. Dort hatte meine Oma Loise in einem Betrieb gearbeitet, in dem Fichte zu Öl verarbeitet wurde. Meine Mutter Luisa hat bei einer Frau auf die Kinder aufgepasst, bis ihr Mann 1945 von der Front heimkehrte. Danach hat Luisa auf einer kleinen Farm, die der tomskaer Nähfabrik gehörte, gearbeitet. Sie wohnte in einer Semljanka (Erdhütte) mit 3 anderen Mädchen. Zwei von ihnen waren Schwestern Emilie und Amalie Grasmyck. Emilie war später mit dem Cousin meiner Mutter Johannes Fröse verheiratet. Für die Arbeit gab es was zu essen (Pajök). Meine Oma Loise wohnte mit ihren zwei Söhnen Jakob und Johannes in Orlowka bei Familie Markus. Karl Markus wurde nicht in die Trudarmee einberufen, so hatte es seine Familie nicht ganz so schwer. Karl Markus (*1901) war mit Katharina Joh. Bergmann (23.05.1915 -31.12.2000) verheiratet. Katharina war auch aus Ostenfeld und hatte zu der Zeit auch auf der Farm gearbeitet.

1947 sind Sieberts nach Semilushki gezogen, wo Mutter und Tochter im Kinderheim (Detdom) in der Wäscherei gearbeitet haben. Die Wäsche wurde im Baderum (der Banja) gewaschen. Dort wohnte die Familie auch. Da sie bei der Ankunft nichts zum Essen hatten, wurde ihnen vom Detdom ein Sack Kartoffeln gegeben. Als die Familie im nächsten Jahr zu ihrem Vater nach Tula fahren wollte, fürchtete meine Mutter, dass sie die Kartoffeln zurück geben müssten. 

Für die Arbeit im Detdom bekamen Mutter und Oma einen Lohn. Einmahl im Winter hatte meine Mutter Luisa Nachtdienst im Kinderheim. Sie war eingeschlafen und wachte auf als der Ganze Flur vollgequalmt war. Der kam von den Filzstiefeln, die zum trocknen zu nah am heißen Blechofen gelagert wurden. Zum Glück waren die Türen zu den Schlafräumen geschlossen und den Kindern war nichts passiert. Luisa hatte den Flur gut durchgelüftet, und die ganze Angelegenheit war für sie ohne Konsequenzen geblieben. 

Vom Vater Jakob Siebert bekam die Familie ab und zu ein Päckchen mit Lebensmitteln. Viel war es nicht, da er selbst für seine Arbeit im Bergbau nicht viel bekommen hatte. In einem der Päckchen schickte er seiner Frau ein hellblaues Kleid. Sie hatte dieses Kleid nicht angezogen, weil es ihr zu auffällig war. Loise hatte das Kleid zuerst mit Hausmitteln dunkel gefärbt und erst danach getragen, wie es sich einer „anständige alte Frau“ auch gehörte (sie war damals keine vierzig Jahre alt).

1948 durften deutsche Familien zusammen ziehen. Mein Großvater Jakob schickte seiner Frau und Kinder eine Einladung. Doch um die Reise anzutreten musste man eine Erlaubnis vom  zuständigen Kommandanten bekommen. Dafür musste man einen Antrag schreiben. Da gab es schon die erste Schwierigkeit, denn russisch schreiben konnte in der Familie keiner. Helene Klassen hatte für sie einen Antrag geschrieben und meine Mutter Luisa ist damit zu Fuß 20 km zum Bezirksamt nach Tugan gegangen. Dort bei der Behörde gab es ein großes Menschengedränge und als meine Mutter endlich in das Zimmer rein kam wurde sie mit einem Satz abgefertigt: „Das ist doch ein Brief und kein Antrag.“ Darauf konnte sie nichts erwidern. Aber sie wollte auch nicht einfach so wieder 20 km nach Hause laufen. Zum Glück entdeckte sie in der Menschenmenge den Hausmeister aus dem Kinderheim. Der hatte ihr einen neuen Antrag geschrieben. Nach dem sie die Erlaubnis bekommen hatte, konnten die Überlebende der Familie zu ihrem Vater nach Tula fahren.

Die Reise nach Tula zum Vater dauerte einen knappen Monat. Mann musste lange auf Bahnhöfen warten bis ein Zug kam. Am längsten dauerte es in Nowosibirsk. Dort mussten sie ein paar mal ihre Kleidung zum Durchhitzen abgeben, damit die Läuse abgetötet wurden. Selbst mussten sie in eine Banja zum Waschen gehen. Dort gab es immer ein grosses Gedränge. Mal hatten zwei Männer meiner Oma und Mutter angeboten in der Stadt eine andere Banja zu zeigen. Einige zeit folgten sie den Männern, doch irgendwann wurde es ihnen doch etwas unheimlich und sie kehrten zum Bahnhof zurück.

An der Endstation hatte Jakob Siebert seine Familie empfangen. Zum Übernachten sind dann alle zur Familie Pauls gegangen, die in der Nähe des Bahnhofes wohnte. Zum Abendessen gab es da Brot mit Margarine, was den hungrigen Kindern wie ein Festmahl vorkam.  

Sibert Loise u Jakob mit Kindern Luisa, Johannes und Jakob

Zunächst wohnte Familie Siebert in einer Baracke in einer kleinen Bergbausiedlung an der 2. Schacht. Zusammen mit vielen anderen deutschen Familien verschiedenen Konfessionen. Sie teilten sich einen Raum mit der Familie Schmidt (die erste Zeit wohnte sogar noch eine weitere Familie und zwei unverheiratete Männer im gleichen Raum). 

In anderen Schachtsiedlungen (16. Sacht) waren aber auch einige Mennonitenfamilien vom Trakt dabei. Die Kinder Johannes und Jakob besuchten die Schule. Sie waren auch für das einkaufen von Lebensmitteln verantwortlich. Das war nicht immer einfach. Um etwas Brot zu kaufen musste man eine lange Schlange ausstehen. Besonders schlimm war es vor den Feiertagen. Da wurde Mehl verkauft. Das Gedränge im Laden an diesen Tagen war besonders schlimm. Ein mahl musste Johannes bewusstlos aus dem Laden an die frische Luft geholt werden.

Die Jung`s Jakob und Johannes hatten auch noch andere Aufgaben. Sie mussten Brennholz und Kohle für die Heizung besorgen. Von beidem gab es genug. Sie hatten schnell gelernt die Kohle vom Berggestein auf der Halde zu unterscheiden und brachten die Kohle nach Hause. Das Holz wurde über einen Bremsberg in die Schacht angeliefert um die ausgehobenen Strecken zu sichern. Ab und zu entgleiste eine „Ziege“ (коза) – ein kleiner Wagen, mit dem die Holzstämme transportiert wurden. Die „Ziege“ wurde von den Bergarbeitern geborgen, um das Holz kümmerte sich weiter keiner. Das war dann die „Beute“ für die Jung`s.

In Tula musste man sich als Deutscher jeden Monat beim Kommandanten melden. Wenn man Verwandte in einem anderen Ort besuchen wollte brauchte man dafür eine Erlaubnis des Kommandanten und war seiner Willkür völlig ausgeliefert. So entschloss sich meine Oma Loise mit meinem Onkel Johannes Omas Halbschwester Erna Heckmann zu Fuß zu besuchen. Der Ort war etwa 40 km weit entfernt. Am frühen Morgen machten sie sich auf den Weg und hatten abends ihr Ziel erreicht. Unterwegs sammelten sie noch Erdbeeren, von denen es jede Menge gab. Bei Heckmanns hatten sie dann übernachtet und nächsten Abend hatte Paul Heckmann mit seinem Freund sie mit Motorrädern wieder nach Hause gebracht.

Auf diese Weise hatten sie auch Omas Bruder Johannes Fröse besucht, der nicht ganz so weit entfernt wohnte. Die Wahrscheinlichkeit bei einem Fussmarsch von der Polizei erwischt zu werden war viel geringer, als wenn man mit dem Zug ohne Erlaubnis reiste. 

Meine Mutter Luisa war schon 18 Jahre alt und musste auch ihren Anteil zum Etat der Familie beitragen. Sie musste natürlich auch im Haushalt die meiste Arbeit machen, denn ihre Mutter war schon alt. So meinte der Vater zu ihr: „Du gehst jetzt in die Schacht arbeiten. Dort unten arbeiten viele Frauen und du kannst das auch“. Die Auswahl an beruflichen Tätigkeiten in dem Ort war nicht besonders groß. Bevor sie eingestellt wurde benötigte sie allerdings irgendwelche Ausweispapiere. In der Regel besaßen die Sondersiedler (so nannte man alle Russlanddeutsche nach der Verbannung 1941) keine Ausweise. Ihr Vater Jakob Siebert hatte die Geburtsurkunde für seine Tochter aus Saratov angefordert und nach dem sie die bekommen hatte, konnte sie ab 1949 mit der Arbeit anfangen.

Zu ihrer Aufgaben gehörte das Abpumpen von Wasser an verschiedenen Stellen in der Schacht. Zeitweise musste sie auch die Förderbänder steuern und aufpassen, dass sie nicht überschüttet wurden, wenn ein Band ausfiel. Diese Tätigkeit fiel ihr nachts besonders schwer. Es kam schon mal vor, das sie beim monotonem Brummen der Förderbänder eingenickt war und ein Band überschüttet wurde. Ein anderes Mal war sie am Eingang einer ungelüfteten Sackstrecke eingeschlafen. Zum Glück war sie rechtzeitig aufgewacht und konnte sich mit viel Mühe zur belüfteten Strecke retten. Wegen Sauerstoffmangel hatte der Körper keine Kraft mehr.

Von der Leitung der Zeche wurden die Sondersiedler wie eine Art Leibeigene gesehen, da sie so gut wie keine Rechte hatten. Als meine Mutter Luisa ihr Jahresurlaub beantragen wollte, wurde sie weggeschickt, – du kriegst deinen Urlaub schon, jetzt geh erst mal arbeiten. Später his es dann: du hast dein Urlaub schon abgefeiert.

Es arbeiteten in der Schacht auch einige Russen: Männer und Frauen, die im Krieg in deutscher Gefangenschaft waren. Mit ihnen konnte meine Mutter ein Paar Wörter auf deutsch tauschen. 

In Tula ging Mutters Bruder Johannes Siebert zum ersten Mal zur Schule. Er war schon zehn Jahre alt.  Er lernte in einer Klasse zusammen mit Irma Schmidt und Albert Neufeld. Das Lernen machte Johannes nur wenig Spaß. Er mochte die Lehrer nicht besonders und das beruhte auf Gegenseitigkeit. Wegen seiner „guten“ Führung durfte er eine Klasse wiederholen. Es kam auch schon mal vor, dass seine Mitschüler heirateten, denn er war nicht der älteste in der Klasse. Nicht selten kam es vor, dass man als Deutscher von anderen Kindern als „Faschist“ beschimpft wurde.

Um so mehr interessierte sich Johannes für handwerkliche Tätigkeiten. So hatte er sich bei einem Mann aus der Nachbarschaft abgeguckt, wie er schusterte. Wie man Filzstiefel neu besohlt, hatte er schnell rausgekriegt und bald konnte er sie selbst reparieren. Schwierigkeiten bereitete ihm die Anfertigung von Hausschuhen. Es klappte nicht so richtig mit der Herstellung von Leisten. Schließlich hatte er sich doch getraut den „Fachmann“ anzusprechen. Der hat ihm mit den Leisten geholfen und auch sonst noch ein paar Tipps gegeben. Der Rest war Übungssache. Schon bald war Johannes ein stolzer Besitzer von einem Paar selbst gemachten Hausschuhen. Dass sie an den Zehenspitzen kleine Fältchen hatten, störte auch niemanden.

Bei einem anderen Nachbarn hatte er sich das Spielen auf einer Ziehharmonika beigebracht. Mit der Zeit kaufte ihm sein Vater Jakob eine Harmonika. 

Sein Bruder Jakob interessierte sich nicht besonders für handwerkliche Basteleien. Er beschäftigte sich mehr mit baulichen Maßnahmen. Einen Schuppen bauen oder einen Deich über den kleinen Bach, der an ihrem Häuschen vorbei floss. So bildete sich ein Teich, in dem Gänse schwimmen konnten. Die schulischen Leistungen von Jakob waren auch bedeutend besser. Nach dem Schulabschluss hatte er sich beim Forstwirtschaftstechnikum in Iwanowo beworben, aber wegen der deutschen Nationalität wurde seine Bewerbung abgelehnt. Er hatte sich schriftlich beim Kultur und Bildungsministerium beschwert. Keiner hatte geglaubt, dass er eine Antwort bekommen wird. Doch er bekam eine, in der stand, dass er eventuell mehr Erfolg hätte, wenn er sich in einen Technikum beworben hätte, der weiter von Moskau entfernt währe. So hatte er eine Ausbildung zum Traktoristen gemacht. 

Vater Jakob Siebert arbeitete nach dem Kriegsende als Belegschaftsmitglied im Bergbau. Er bereitete die Strecken für die Kohleförderung vor. 

Sieberts Haus in Tula

Zwei Jahre nach dem die Familie aus Sibirien zu ihm gekommen war, hatte er 1951 ein kleines Häuschen gekauft und ist mit Frau und Kinder aus der Baracke ausgezogen. Mit der Familie Schmidt aus der Baracke blieben sie aber Lebenslang befreundet. 

Das Häuschen war nur ganz klein – bestand nur aus einem Raum und war aus Holz gebaut. Diese Bauweise hatte aber den Vorteil, dass das Haus nicht zerbrach, als unter ihm die Kohle ausgehoben wurde und der Grund ungleichmäßig absackte. Vater Jakob

Familie Siebert vor ihrem Haus an der 2. Schacht. Ca. 1950
V. li.: Luisa, Mutter Loise,Jakob, Vater Jakob, Johannes

hatte es mit seinen Söhnen mit ein paar Seilen die Wände gesichert und so stand es    etwas schief aber heile weiterhin.

Mit der Zeit bildete sich in Tula eine kleine Gemeinde von Gläubigen. Gegründet von Frauen lutherischen und mennonitischen Konfessionen. Die Leute versammelten sich privat bei jemandem Zuhause. Gepredigt hatten auch Frauen.

Nach dem im Jahr 1955 die Überwachung durch die Kommandantur aufgehoben wurde, zogen die meisten Deutschen von Tula weg. Sie durften nicht in ihre Heimatsorte zurückkehren. Viele versuchten aber näher zu ihren Angehörigen zu ziehen. Außerdem wurde die 2. Schacht geschlossen, so musste man aus der Siedlung sowieso weg. 

Meine Mutter Luisa fuhr 1956 nach Sibirien, wo sie ihre Verwandten besuchen wollte. Sie hatte dort meinen Vater Johannes Wiens getroffen, den sie noch von Zuhause kannte. Sie heirateten und wohnten in einem kleinen Häuschen in Malinowka. Dort wurde 1957 ihr älteste Sohn Alexander (ich) geboren.

Vater Jakob wollte von Tula nicht weggehen. Dem Sohn Johannes hatte es dort auch gut gefallen. Dort hatte er viele Freunde, da erlebte er seine Jugend. Es war auch eine schöne Gegend mit kleinen Wäldern, Hügeln und einem milden Klima.

Der Sohn Jakob wollte nach seiner Ausbildung zum Traktoristen in der Landwirtschaft arbeiten. Zusammen mit einem Freund ging er im März 1956 in seinen Heimatort Ostenfeld. Dort wurde er von Behörden gewarnt, dass er als Deutscher nicht in sein Heimatdorf zurück darf, aber er könne sich gerne ein anderes Dorf in der Nähe aussuchen. Mit dem Freund entschieden sie sich für den Ort Ilowatka, der direkt an der Wolga im Gebiet Wolgograd lag. Das war ein schönes altes Dorf mit vielen Bäumen. Gegenüber dem Dorf lag auf dem Fluss eine Insel, wo die Bauern ihre Pferde weiden ließen. Von dort konnten sie nicht weglaufen.

Im Mai 1956 kamen Vater Jakob, Mutter Loise und Johannes zusammen mit der Familie von Jakob Janzen auch nach Ilowatka.

Jakob Janzen hatte von Ilowatka einen Ausflug zu dem Heimatort gemacht. Er erzählte, dass das Haus von meinem Opa Siebert in Ostenfeld noch gestanden hat.

Johannes hatte als Aushilfskraft zusammen mit seinem Bruder in der MTS gearbeitet. Nach der Ernte ging Johannes nach Wolgograd, wo er eine Ausbildung zum Schiffsschlosser begonnen hatte.

Die Eltern und Bruder Jakob sind auch nicht viel länger in Ilowatka geblieben. Die ganze Gegend sollte nach dem Bau des Wolgakraftwerks überflutet werden. Die  hölzernen Häuser wurden mit Traktoren in höhere Lage geschleppt, wo das neue Dorf entstehen sollte. Das war eine kahle Steppe. Familien Siebert und Janzen hatten keine Lust auf einen Neuanfang und zogen Ende 1956 nach Ak-Kul in Kasachstan, wo schon die Mutter von Emilie Janzen – Emilie Pauls wohnte. Vater Jakob kaufte dort ein kleines Häuschen, in dem er mit Frau und Sohn Jakob wohnen konnten.

In Ak-Kul gab es eine kleine Gemeinde aus verschiedenen Konfessionen, die auch überwiegend von Frauen geleitet wurde. Bei Gottesdiensten in Privatheusern hatte manchmal auch mein Opa Jakob Siebert gepredigt.

1960 zogen meine Eltern und Grosseltern nach Karaganda um.

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