5. Kapitel

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Dieses letzte Teil vom Tagebuch hat ein Enkelkind von Johann Wall geschrieben. Noch ist unklar, wer es war. Einer von seinen Enkeln – Janzen?

II  . Theil.

Aus unserer Familie seit 1878.
Wohnhaft in Koeppenthal.

Er wird die Kinder Levi reinigen und läutern, wie Gold und Silber. Mat. 3,3.
Verzage nicht, o Seel! In Kreuz und Leidenswegen;
Wenns Gold im Feuer ist, so ist der Schmelzer nah.
Die liebsten Kinder will der Herr am meisten fegen;
Der Weg zum Himmelreich geht über Golgatha;
Mein Schmelzer, fahr nur fort, mach mich durch treuer Proben.
Und mit mir Viele noch! Wohl dem, der s Ziel erreicht.

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Den 5. Dezember 1879. Da ich in diesem Jahre noch nichts in dies Buch eingetragen habe, so will ich wenigstens folgendes niederschreiben. Noch bin ich es nicht gewohnt, meine Gedanken diesem Buche an zu vertrauen und darum hat es auch so lange gedauert, bis ich des Ereignißes von 31. Oktober 1879 gedenkte in dieses Buch zu schreiben. In den Frühstunden des 31. Oktobers uhngefähr um ein Uhr brach ein Mensch durchs Fenster in die Wohnung des hiesigen Cornelius Froese, grade da, wo er und seine Frau schliefen; in der Mittelstube. Aufgewacht vom Schlafe, sprangen sie auf aus ihrem Bette und liefen in die große Stube. Zuerst die Frau, nach dieser schlug der Mörder schon einige Male in die Thüre und in ein Schrank, der in der großen Stube stand. Endlich traf er sie auch im Vorderhause; Da kam er, Frese vorbei und hielt ihn fest, aber der Mörder war ein junger starker Bursche der machte sich los, hakte Frese mehreremal in die Kien, haute ihm ein Ohr ab, mit einem Worte, brachte ihm so wie auch ihr 9 Wunden bei, da richtete sich der eine Sohn, der jüngere, auf und frug wer da sei. Da sprang der Mörder auf ihn zu und verhackte ihn auf 14 Stellen. Grade als er den Jakob hakte, kam der andere Sohn

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Cornelius herbei mit Licht, sieht das einer auf seinem Bruder losschlägt, aber mit was konnte er nicht sehen, den sein Licht ging in der Thüre aus. Da lief er, zündete mit der Magd zusammen, eine Lampe an, da kam ihnen der Mörder nach, sie liefen zur Stube hinaus, hielten die kleine Stubenthür zu, da zündete der Mörder, der so lange im Finstern das alles gethan hatte, ein Licht an, ging sehen, ob sie alle todt wären. Diese fürchtend, er würde ihnen in den Rücken kommen, ließen die Thüre los liefen hinaus und hielten die Haupthüre zu, die aus dem Hinterhause in den Gang führte, diese rieß er, der Mörder, aber auf, denn der Riemen an dem sie hielten, rieß aus. Da standen sie alle beide; Cornelius lief nach dem Nachbar Tjarth, die Magd blieb stehen und rief, wie der Mörder später hin sagte: „Ach, Heilige Jesus, Feodor“! Da gab er Ihr einen Schlag, der ihr ziemlich den Oberkopf vom Kein und dem Halse trennte. Da lief er dem Cornelius nach, der hatte schon Tjarths gemerkt, als er sah, daß der Mörder nachkomme, schlug der das Fenster ein und rief um rasche Hilfe. Bis aber einer heraus kam, lief letzterer dem Cornelius auf dem Hofe nach und warf mit dem Beile nach ihm; traf ihm auf einmal in die Brust und einmal in den Rücken. Da lief Tjarth nach Penners und nach dem Schneider Janzen, der auch nach uns kam und uns weckte.

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Er war schauderhaft wie sie dort lagen im Blute die Frau Froese, die noch lebte, wurde noch in der Nacht nach Tjarths getragen, wir dachten kaum, daß sie den Morgen erleben würde, der Doktor glaubte auch, daß sie nur höchstens zwei Tage leben würde und sie lebt, durch Gottes Güte, noch auch Cornelius. Den Mörder griffen zwei Sotniki hinter Дьяковки, am fünften Tage nach diesen Vorfall. Er hatte viel Geld vermuthet, aber keines genommen, weil er fürchtete, Cornelius würde Leute herbei rufen, auch meinte er, er wäre von jenem erkannt worden, was aber nicht der Fall war. Aber nach vielem anderen war der Verdacht auf ihn. Die Hiebe waren alle mit der linken Hand gehauen, und das wußten Sie, daß der Feodor links sei, denn er hatte im vorigen Winter bei ihnen gedient, außerdem 2 Sommer an der Ziegelei gearbeitet. Es hatten ihn auch mehrere mit dem Beile, welches er von Bekannter gestohlen hatte, gesehen. Außerdem hatte er dort eine Blechflasche, die nach Branntwein roch, hingeworfen, die wie es sich noch an demselben Tage heraus stellte, er, der Feodor aus dem Tambow J. in Woskresenski füllen hatte laßen. Er gestand alles offen zu. Bei uns war das Verhör.

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Er ist erst 19 Jahre alt und heißt, Фeодоръ Александовъ Третьяковъ. Er war in Дьяковки in einem Quntiere mit dem dortigen Sotnik und als es diesen letzteren gesagt wurde, was für ein Mensch es sei, kannte er ihn schon und noch die 230 Rubl die ausgesetzt waren zur Belohnung für den, der ihn fangen würde, halfen diesem auf die Beine. Dieser und noch einer griefen ihn auf. So mußte es sich, nach Gottes wunderbarer Vorsehung, so schicken, daß er dem Arme der Gerechtigkeit nicht entging. Weiter alles genau zu beschreiben, würde zu weit abführen. Da fiel mir der Vers so ein, den ich bald darauf im Schatzkästchen las:

Sein Rath ist wunderbar.
Gott führt durch Freund und Schmerzen,
Und meint, o Mensch, dein Heil
Doch jedesmal von Herzen;
Sein dunkler Segensweg
Sieht wunderseltsam aus,
Und dennoch führt Er Ihn
Aufs Herlichste hinaus.
Sein Rath ist wunderbar.
Er will als Herr regieren.
Das Kind soll sich nichts selbst,

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Der Vater will es führen.
Das Kind versieht es leicht.
Drum führt des Vaters Hand.
Die kann nie was versehn,
Die trägt ins Vaterland.

1879 den 12ten Dezember trat ich in Morgenthau meinen Dienst als Kreisschreibergehülfe an. Im Januar erhielt ich Nachricht von Hause, daß mein Bruder Johann und meine Mama schwer krank sein. Endlich den 21ten Februar 1880. entschloß ich mich Hause zu fahren. Den 22ten Februar kam ich nach Hause, aber was sah ich da für ein Bild. Johann konnte kaum gehen und Mama lag noch im Bette, sie hatte Schleimfieber. Mittwoch den 20. Februar hatte sich noch das Nervenfieber dazu gefunden. Seit Montag Abends den 25ten Februar war sie irre bis zum 28ten Februar des Morgens zwischen 7 – 8 Uhr wo sie der Herr erlösete von ihrem Leiden.
Sanft ruhe ihre Asche!

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1880 den 19 Juni Donnerstag kam mein lieber Bruder Jacob mit dem hiesigen Wirthen J. Tjarth und Martin Ekkert und J. Friesen vormittag von Morgenthau auf Besuch zu Hause. Das h. Abendmahl sollte am 22te Juni gehalten werden deshalb kam er nach Hause und klagte etwas über Kopfweh. Am 22ten Juni gingen wir zum h. Abendmahl er konnte aber nicht mehr in der Kirche bleiben bis der Gottesdienst beendet war er klagte über Schmerzen im Kopfe und in den Füßen. Nachmittags legte er sich nieder und starb nach 10 tägigem schwerem Leiden in welchem er sich aber sehr geduldig erwieß und viel zu seinem Heiland der auch für ihn am Kreuze starb flehte. Am 1ten Juli abends aß er noch etwas Kirschenmuß was ihm auch ziemlich schmeckte er fühlte sich im

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ganzen viel leichter er hatte nehmlich starkes Nasenbluten wonach die Hitze im Kopfe nachließ um 4 Uhr morgens ging Martin Ekkert j. nach Hause er wachte nehmich die Nacht bei Jacob da sah Papa schon das  es mit meinem lieben Bruder zu Ende gehe. Da kam er und weckte mich ich ging noch nach Koppers und holten unsern Cusin Gerhard mit den er immer sehr zusammenhielt um 5 Uhr morgens am 2/14 Juli entschlief mein lieber Bruder ohne merklichen Todeskampf sanft und wie wir zuversichtlich hoffen auch seelig. Sonnabend am 5ten Juli wurden die irdischen Überreste beerdigt. Cornelius Wall und Gerhard Kopper waren nicht zugegen, denn sie waren schon nach Taschkent gezogen.

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