Hermann Joh. Siebert (1909-1938)

Hermann Joh. Siebert

Hermann Siebert (18.01.1909-08.03.1938), #1254373 war ein „gebildeter“ Mann. Er wohnte mit seiner Frau Erna geb. Hermann Fast (19.04.1909- 04.1943), #1254905 und ihren drei Kindern:

– Helene (*16.09.1932), #1254688

-Ella (1934-08.1960), #1254542

-Johannes (1937-10.03.1979), #1254482

in Besymjanaja, wo er als Buchhalter arbeitete. Am 21.12.1937 wurde Hermann verhaftet und von einem Dreier Gericht zu 10 Jahren Haft verurteilt. Nach ein paar Monaten bekam seine Frau Erna eine Mitteilung, dass ihr Mann in Haft gestorben war. Als sie das gelesen hatte, war sie ohnmächtig umgefallen. Diese Nachricht hatte ihr Alexander Thiessen überbracht. Nach dem er diese Szene erlebt hatte, schwor er sich nie wieder so was zu tun. 

Herman Joh. Siebert und Erna geb. Hermann Fast

Nach Hermanns Tod hatte sein Bruder Kornelius Siebert seine Familie  zu sich nach Ostenfeld geholt. Sie bewohnten eine Stube in Großmamas Haus. In zwei anderen wohnte die Familie von meinem Großvater Jakob Siebert.

Erna war eine fröhliche Frau (erinnerte sich meine Tante Helene Frick). Sie war unter den ersten, die auf dem Heimweg von der Feldarbeit ein Lied einstimmte.

In Sibirien im Dezember 1942 wurde Erna in die Trudarmee nach Kriwoschtschökowo, Gebiet Nowosibirsk einbezogen. Dort war sie im April 1943 gestorben. Die Nichte von Erna – Olinda Fast erinnerte sich, dass ihre Tante völlig entkräftet und verlaust ein paar Krümmel von ihrer magerer Brotration sich unter das Kissen legte. Für die Kinder, – sagte sie. Ihre Kinder hatte sie aber nie wieder gesehen.

Ihre Kinder wohnten zunächst bei  meiner Oma Luise Siebert. Doch sie war mit der Betreuung so vieler hungrigen Kinder völlig überfordert, weil sie sich um ihre eigenen sieben Kinder und auch eine Zeit lang um Herta und Jakob (Kinder von Kornelius  Siebert) kümmern musste. Im Oktober brachte der Kolchosvorsitzende Sennikow die Kinder von Erna in das Kinderheim nach Semilushki. Die Tochter Helene konnte sich noch erinnern wie sie im Selsowjet (Dorfverwaltung) in das Kinderheim aufgenommen wurden. Aus dem Gespräch der Erwachsenen hatte sie verstanden, dass nur Schulkinder in das Heim aufgenommen werden und die Kleinen werden nach Tomsk gebracht. Eine Geburtsurkunde hatte sie nur für ihren jüngsten Bruder Johannes. Doch als sie nach dem Alter ihres Bruders gefragt wurde hatte sie ihn älter angegeben. Die Leitung war misstrauisch, weil Johannes kränklich und klein war, doch Helene bestand darauf. Die Urkunde hatte sie verschwiegen und später vernichtet. So konnten die Geschwister zusammenbleiben.

Geschwister Johannes und Helene Hermann Siebert

Nach einem Jahr im Kinderheim erkrankte Johannes an Tuberkulöse und musste für ein Jahr  in einen Tubdispanzer nach Timirjasewo nähe Tomsk. Johannes konnte die Schule im Kinderheim beenden und danach das Technikum in Tomsk. Offensichtlich war er als Minderjähriger nicht unter die Kommandantur gekommen. Seine ältere Schwester Helene wurde vom Kommandanten aufgefordert ihren Bruder zurück nach Semilushki zu holen – er habe kein recht ohne seine Erlaubnis den Ort zu verlassen. Doch Helene hatte eine kleine Tochter Nina, die sie nicht allein lassen konnte. Das sagte sie auch dem Kommandanten. Der forderte von Helene Geld um selbst ihren Bruder zu suchen. Er hatte Schmiergeld gewollt. In ihrer not bat sie ihren Kolchosvorsitzenden um Rat. Er meinte zu ihr: „lass alles wie es ist und mach dir keine Sorgen. Die Tage der Kommandantur sind gezählt, sie werden dir nichts mehr antun können“. Es muss ende 1955 gewesen sein.

Johannes Hermann Siebert

Auf jeden Fall konnte Johannes dass Technikum abschliessen danach auch noch eine Hochschule in Tomsk. Später arbeitete er in Ural. Dort heiratete er. Nach einiger Zeit zog er mit seiner Frau Rimma und Sohn Sergej nach Rjasan. Nach seinem Tod 1979 gab es keine Verbindung mit der Familie. Letzte was bekannt wurde, dass sein Sohn in Moskau studiert hat. 2013 kam der Sohn von Sergej (auch Siebert) völlig überraschend seine Großtante Helene an ihrem 81. Geburtstag in Semilushki zu besuchen. Er hatte auch in Moskau studiert und wurde zum Praktikum nach Tomsk geschickt. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder (Wanja und Anna).   

Helene hatte im Kinderheim mit guten Noten die Schule abgeschlossen, wollte dann weiter lernen wurde jedoch vom Kommandanten nicht in die Stadt gelassen. Und so arbeitete sie ihr Lebenslang im Kinderheim. In Semilushki heiratete sie (Gena? Urban), bekam vier Kinder: Nina, Olga, Wolodja und Walja. Nach der Scheidung hat sie die Kinder allein großgezogen. Sie lebt auch heute noch (2013) in einer kleinen, hölzernen Doppelhaushälfte, das sich in der Nachbarschaft vom Kinderheim befindet und früher auch dem Kinderheim als Nähwerkstatt und Wäschelager gedient hat. Auch heute noch mit 81 Jahren macht sie mit ihrer alten Nähmaschine kleine Reparaturen für das Kinderheim. Sie hat einen kleinen Garten und ein paar Hühner im Stall.

Ella Hermann Siebert
Ella Hermann Siebert

Die jüngere Schwester von Helene – Ella wurde von ihrer Mutter „mine Smucke“ auf Plattdeutsch genannt. Sie machte nach der Schule eine Ausbildung als Verkäuferin. Danach arbeitete sie in einem Dorf im erlernten Beruf. 1960 wurde sie im Wald in der nähe vom Ort aufgehängt gefunden. Es war Selbstmord. Die Ursache ist unbekannt.

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