Heinrich Engbrecht war mit Katharina, geb. Töws (?-1939) verheiratet. Sie hatten drei Kinder:
– Helene (11.1903-1992),
– Heinrich (1906-1945)
– Cornelius (1909-1945)
Die Familie wohnte in Hohendorf, wo Heinrich Engbrecht eine Handlung für landwirtschaftliche Maschinen und Geräte betrieben hat.
In seinen Erinnerungen schreibt Jakob Wiebe (1887-1967), #6796: …1912 war eine gute Ernte gewesen und 1913 versprach auch wieder gut zu werden. Das Handelshaus „B. Harder und Wiebe“ in Altsamara hatte dort einen blühenden Maschinenhandel, diese eröffneten nun bei uns in Hohendorf eine Zweigstelle. Lehrer Jacob Franzen und Heinrich Engbrecht wurden die Leiter dieser Zweigstelle. Sie verkauften in erster Linie amerikanische landwirtschaftliche Maschinen, aber sie hatten auch Motore und Dreschmaschinen, die in Russland gebaut waren. Der Fortschritt und der Aufstieg in der Landwirtschaft breiteten sich immer weiter aus.… (aus dem Buch Mennoniten in Mittelasien von Robert Friesen).
Im Jahr 1915 wurden sämtliche Handels- und Handwerksbetriebe in der Kolonie Am Trakt von den Aufsichtsbehörden geprüft. Unter Nr. 7 der geprüften Betrieben wurde auch das Lager für Landwirtschaftliche Maschinen und Geräte von Heinrich des Kornelius Engbrecht aufgeführt.
Aus Erinnerungen an Johannes Penner von seinem Sohn Cornelius Penner (1905-1991)
Im Sommer 1917 arbeitete in der Stadt Saratow eine Deutsche Botschaft. Die Botschaft wollte den Deutschen die Möglichkeit geben, nach Deutschland zu emigrieren. Denjenigen, die den Wunsch äußerten, auszufahren, gab die Botschaft einen Schutzschein. Ein Zeugnis, das diese Person unter dem Schutz des Deutschen Reiches stand.
Unsere Eltern <Johann Penner und Anna, geb. Engbrecht. AW> und Onkel Heinrich Engbrecht traten mit dieser Botschaft in Verbindung. Sie bekamen auch einen „Schutzschein“. Sie verkauften ihr zu jener Zeit nicht geringes Vermögen und übergaben den Erlös der deutschen Botschaft. Das Geld wurde nach Deutschland überführt.
Doch nach der Oktoberrevolution wurde die deutsche Botschaft aufgelöst. Die Vertreter der Botschaft kehrten in ihre Heimat zurück. …
… Onkel Heinrich Engbrecht, durch die Verhältnisse gezwungen, gelang es über die polnische Grenze nach Deutschland zu kommen. Dort kam er in Besitz seines und auch unseres Geldes. Aber in der wirtschaftlichen Krise jener Jahre ist er dieses Geldes verlustig gegangen. Auf einem Landgut als Vorarbeiter arbeitend, ist er 1924 an Lungenentzündung gestorben. Seine drei Kinder blieben absolut mittellos zurück. Seine beiden Söhne, Hermann und Cornelius sind im zweiten Weltkrieg an der Ostfront umgekommen.
Ergänzungen von mir AW.
Zum Schutzschein. Aus der Autobiografie von Johannes Dyck (1885-1948):
…Ich sollte auch erwähnen, dass einer der Artikel im Friedensvertrag <Brest-Litauer Friedenvertrag zwischen Deutschem Reich und Sowjetrussland von 1918. AW> mit Deutschland erklärt hat, dass es allen Deutschen in Russland freisteht, jederzeit nach Deutschland zurückzukehren. Alles, was sie tun müssten, wäre, sich bei einem deutschen Konsulat zu melden und einen Schutzschein zu erhalten, der dieser Person automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft mit den mit diesem Status verbundenen Rechten und Schutzrechten gewährt. Darüber hinaus war die russische Regierung durch diesen Vertrag verpflichtet, der deutschen Regierung für alle beweglichen und unbeweglichen Sachen der Rückkehrer Geld zu zahlen. Die Bundesregierung würde dieses Geld so lange in Verwahrung nehmen, bis der Rückkehrer es in Anspruch nehmen konnte. Dies würde zu dem deutschen Plan passen, die durch den Friedensvertrag aus Russland genommenen Länder Estland, Lettland und Litauen mit Deutschen zu besiedeln und damit diese Region als Pufferstaat zwischen Russland und Deutschland zu „germanisieren“. …
… Soweit ich weiß, haben nur zwei Familien aus am Trakt den „Schutzschein“ beantragt, H. Engbrecht und Aron Esau. Sie zahlten erhebliche Summen im Konsulat in Saratow, die ihnen in Deutschland gutgeschrieben werden sollten. Zehn Jahre später schrieb Aron Esau an meinen Schwager, Johannes Isaac, hier in Kanada, um ihm einen großen Geldbetrag zu schicken, der ihm aus Deutschland zurückerstattet wurde. Als C.F. Klassen, Winnipeg, 1936 in Deutschland war, untersuchte er diese Angelegenheit und stellte fest, dass die Bank bestätigte, dass Aron Esau tatsächlich einen Kredit bei ihnen hatte, aber sie konnten diesen nicht auszahlen, da Esau der Bank keine schriftliche Genehmigung dazu erteilt hatte.
Später war ich froh, dass ich keinen „Schutzschein“ hatte. Im November brach Deutschland zusammen und der Friedensvertrag zwischen Russland und Deutschland wurde gekündigt. Esau und Engbrecht hatten wegen ihrer Schutzzertifikate große Schwierigkeiten. Weil der Friedensvertrag mit Deutschland nun für null und nichtig erklärt wurde, wurden sie zu Verrätern erklärt. …
Heinrich Engbrecht flüchtete im Mai 1921 von Am Trakt nach Deutschland. Diese Flucht beschreibt in seinen Erinnerungen Jakob Wiebe (1887-1967), #6796 im Kapitel Revolution. Er selbst war an einem Bauernaufstand beteiligt und als ein Kriegstribunal der Roten Armee im Mai 1921 in Köppental tagte machte er sich auf den Weg nach Deutschland. Er schreibt immer von einem Herr Engbrecht, mit welchem sie zusammen nach vielen Strapazen Ende Juli 1921 Deutschland erreichten.
Schon in Deutschland schreibt Jakob Wiebe: … Im November bekam Heinrich Engbrecht einen Brief von seiner Frau. …
Also handelte es sich bei der Flucht um Heinrich Engbrecht. Wann seine Frau mit den Kindern ihm nachgekommen war, ist nicht bekannt. Jakob Wiebe sah keine Möglichkeit mit seiner Familie in Deutschland zu bleiben und plante mit Unterstützung eines Verwandten aus Kanada dort hin auszuwandern. Vor seiner Auswanderung 1922 traf er sich noch mal mit Heinrich Engbrecht, dem seine Frau mit Kindern mittlerweile auch in Deutschland war. Bei dieser Gelegenheit bat Heinrich Engbrecht Jakob Wiebe in Kanada nachzufragen ob es vielleicht eine Möglichkeit gibt auch seiner Familie nach Kanada auszuwandern. (aus dem Buch Mennoniten in Mittelasien von Robert Friesen)
Offensichtlich war Heinrich Engbrecht mit seiner Familie die Auswanderung nach Kanada nicht gelungen und er starb 1924 in Deutschland. AW