Bericht von Johann Bergmann im Jahr 1892

Dieser Bericht erschien in der Zeitschrift „Mennonitische Rundschau“ Nr. 38 vom 21. September 1892. Johannes Bergmann war der Oberschulze der Kolonie Am Trakt. In diesem Brief bedankt er sich bei den Glaubensbrüdern in Amerika für ihre Unterstützung in den Jahren 1891-1892 als infolge von Missernten und Heuschrecken Plage an der Wolga, Russland vieler Orts eine Hungersnot herrschte. Mir wurde dieser Artikel von Alf Redekopp zugeschickt. A.W.

Bericht
über die Verwendung der Unterstützungsgelder
für die Nothleidenden in Russland durch
Br. Johann Bergmann.
(Eingesandt von David Goerz, Halstead, Kansas)

(Schluß)
Lysanderhöh, 7. Juli 1892.

Herrn David Goerz, Halstead, Kan.
Sehr werther Bruder! Ihre werthen Zeilen vom 20. Juni empfing ich am 5. d. M. und ersehe aus dem selben, daß Sie abermals 800 Rubel Unterstützungsgeld an mich absandten. Von ihrem Bruder, meinem theuren Freunde Abr. Goerz in Orloff wurden mir 219.50 übergeben. Aus meinem speciellen Berichte vom 19. Juni über die Unterstützungssache, sammt der eingfügten, mit einem Kassenbestand von 1626,02 Rubel abschließenden vorläufigen Abrechnung, werden Sie entnehmen können, wie wir die durch Ihre Vermittelung empfangenen Liebesgaben anwandten und wie wir gedenken, auch den letzten Rest zu verwenden. Nun hat sich inzwischen ein neuer Feind in unsere Gegend eingeschlichen, der, wenn es der barmherzige Gott nicht in Gnaden verhütet, noch viel Noth und Elend im Gefolge haben kann. Es ist dieses die durch die Schifffahrt übers Kaspische Meer und die Wolga herauf eingeschleppte asiatische Cholera, die in Astrachan, Zarizin und Saratow, dann in vielen kleineren Orten an der Wolga und auch an dem für uns stark in Betracht Kommenden Jakrowsk <wahrscheinlich Pokrowsk gemeint AW> ausgebrochen ist. Aus letzterm Orte ist sie auch hierübergegangen in das hiesige Dorf Ostenfeld, wo ein gewisser Wilh. Hübert und seine Stieftochter Anna Janzen daran gestorben sind. Der letzte Todesfall fand am 29. Juni statt und ist jetzt weiter keine ernste Erkrankung vorgekommen: doch aber wissen wir nicht was Gott mit uns vorhat. Sollte nun unter uns oder in unseren Nähe, bei Russen oder Deutschen diese schreckliche Krankheit zum Grassiren kommen, so wäre es bei der Mittellosigkeit so vieler doch wohlangezeigt, das dem folgende Elend aus diesem Unterstützungsfond, so weit er eben ausreicht lindern zu helfen; wir haben eigentlich für diesen äußersten Fall Hilfe schon angedeutet und auch kleineren Summen zum Ankauf von Desinfectionsmitteln hergegben, indem wir hofften, daß die werten Geber billigen werden; sollten aber dieselben wünschen, daß der Restbetrag anderweitige Verwendung findet, so sind wir natürlich gerne bereit solchen Wünschen zu entsprechen. Bis dahin werden wir unter Gottes Beistand nach bestem Wissen handeln.
— Die Zukunft liegt, wie sie, lieber Bruder, sehen, nicht gerade rosig vor uns; es scheint als solle unser neues Vaterland, speciell unsere Gegend, nicht sobald zu Ruhe kommen: Voran gingen mehrere nur sehr mittelmäßige Ernten, dann die vorjährige sozusagen totale Mißernte; im Winter und Frühjahr der Typhus, im Vorsommer der Kampf mit den Zieselmäusen und Heuschrecken, die mit Gotteshilfe so niedrich gehalten konnten, daß sie großen Schaden bis jetzt nicht verursachten, mit Ausnahme von ein paar Wirten, deren Land sich in Langgestreckten Lage an den Brutstätten der Heuschrecken befindet, und jetzt Cholera im Anzuge.
— Doch wir stehen in unseres Vater Hand, Er mache mit uns was es Ihmwohlgefällt! —Beten Sie auch dort für uns! — Unsere Ernteaussichten haben sich erhalten und wills Gott, werden sie sich auch weiter verwirklichen. —Nun Gott befohlen. — Der treue Gott erhalte uns alle in seiner Gnade um Jesu Christi, unseren Heilandes Willen.
— Unter herzlichem Brudergruß Ihr

Joh. Bergmann.

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